Lost Places. Fotografie. Ruhrgebiet.

Die Schlackebahn: Atemberaubender Lost Place unter Bochum

Lost Place in NRW: Die Schlackebahn unter Bochum
Lost Place in NRW: Die Schlackebahn unter Bochum

Die Schlackebahn, ein Lost Place tief unter Bochum: Unterirdische Tunnelanlagen samt Bunkern und Werkstätten im Herzen des Ruhrgebiets in NRW. Von den über mehrere Ebenen verlaufenden Bahntunneln zweigen verschiedene Nebenräume und Stollen ab, tiefere Tunnel gibt es ebenfalls. Nicht so lustig: Ganz unten gibt es einen langen, engen Kanal mit sauerstoffarmer Luft. Eine wahrhaft beeindruckender Lost Place: Unterirdisch, riesengroß und fast unberührt.

Es war ein mal im Ruhrgebiet – in Bochum, zu einer Zeit als es noch ordentlich qualmt, stinkt und scheppert. Es gibt noch Kneipen und man verreckt an „Staublunge“. Die Zechen und Hochöfen laufen auf Hochtouren.

Unheimlich, düster und groß... die Schlackebahn
Unheimlich, düster und groß... die Schlackebahn

Riesige Abraum- und Schlackehalden prägen die Landschaft – und auf einer davon in Bochum steht ein Stahlwerk. Doch wie dessen ganze Schlacke loswerden?

Funfact: Einige dieser Halden sind sogenannte brennende Halden. Das heißt, dass Kohle in ihrem Inneren irgendwie in Brand geraten ist und teilweise für Jahrzehnte brennt. Allein hier im Ruhrgebiet gibt es sieben Stück davon.
Centralia, das aus Silent Hill bekannte Dorf, wurde übrigens auch wegen einem solchen Kohlebrand verlassen.


Die Schlackebahn unter dem Ex-Stahlwerk in Bochum

1934 dann die Idee: Das Stahlwerk steht ja sowieso auf einer Halde, wieso nicht einfach alles untertunneln und eine unterirdische Schlackebahn bauen? Gesagt, getan. Und da man schon mal dabei ist, baut man neben die Tunnel – die sogar noch auf mehreren Ebenen verlaufen! – direkt noch ein paar Werkstätten, Räume für die Arbeiter und sogar Luftschutzbunker. Jahrzehntelang wird hier die glühende Stahlwerksschlacke verladen und abtransportiert.

In den 1980er Jahren dann Stahlkrise, Werksschließung, tausende Arbeitslose. Die Bochumer Schlackebahn wird nicht mehr gebraucht und man schüttet die Eingänge (zum Gück für uns) nur notdürftig zu. Die Tunnel und Räume aber bleiben erhalten – und schlummern bis heute unter dem Bochumer Park, den wohl viele wie ihre Westentasche kennen und der nun statt dem Stahlwerk hier steht.

Der Eingang zur Schlackebahn: Ein Fuchsloch
Der Eingang zur Schlackebahn: Ein Fuchsloch
Abstieg in die Schlackebahn: Kriechen ist angsagt
Abstieg in die Schlackebahn: Kriechen ist angsagt

An der Oberfläche erinnert nichts mehr an die riesige unterirdische Anlage – nichts, bis auf ein winziges „Fuchsloch“, welches vermutlich tausenden täglichen Parkbesuchern nicht auffällt...


Urban Exploration: Ab unter die Erde

Zugeschütteter Eingang zur Bochumer Schlackebahn
Zugeschütteter Eingang zur Bochumer Schlackebahn

Wir fahren also in Duisburg los und eine halbe Stunde später sind wir da. Es ist Abend und schon dunkel. Der Eingang ist dank gründlicher Vorab-Recherche schnell gefunden und wir zwängen wir uns durch das „Fuchsloch“ hinein. Es erinnert stark an den Eingang der Duisburger OP- und Honigbunker.

Anfangs kann man nicht mal stehen, die Luft ist, wie so oft an unterirdischen verlassenen Orten, warm und feucht. Das erste was wir sehen sind große, rostige Stahlträger unter denen wir hindurch schlüpfen. Dann klettern wir einen Abhang hinunter, schauen uns um und steigen durch ein Loch in einer Wand: Da ist sie, die Schlackebahn. Schon seit Wochen freue ich mich auf diese Exploration.

Ein (fast) unberührter Lost Place
Ein (fast) unberührter Lost Place
Schlackebahn unter Bochum
Schlackebahn unter Bochum

Was direkt auffällt ist die schiere Größe dieses "Lost Places": Die Hallen sind knapp zwei Stockwerke hoch, die gesamten Stollen einige hundert Meter lang. Wie immer in solchen Anlagen brauche ich ein paar Minuten, bis das unbehagliche Gefühl, dass so tief unter der Erde etwas passieren könnte, verfliegt. Handy-Empfang: Fehlanzeige.

Unberührter Lost Place - Tropfsteine beachten!
Unberührter Lost Place - Tropfsteine beachten!
Rostet schon einige Jahrzehnte vor sich hin
Rostet schon einige Jahrzehnte vor sich hin

Besonders tolle Motive sind eine Schubkarre, die wohl schon seit Jahrzehnten vor sich hin rostet und die Maschinen, welche quasi unberührt hier unten ruhen. Auch die Spinde der Arbeiter vergangener Zeiten stehen noch. Von der Decke hängen buntstiftdünne, fast einen halben Meter lange Tropfsteine – vermutlich ist aufgrund der Deckenhöhe noch niemand dran gekommen (Foto zum vergrößern anklicken).

So verlassen wie dieser Orte – alte Spinde
So verlassen wie dieser Orte – alte Spinde
Rostiger Stahl (Hintergrund: Eindringendes Erdreich)
Rostiger Stahl (Hintergrund: Eindringendes Erdreich)

In einem kleinen Nebentunnel ist die Decke eingestürzt, ein Verbruch. Leider habe ich verplant ein Foto davon zu machen – shame on me! Nächstes mal, versprochen.

Achja, ich kann die Leute aus einem gewissen Forum, die meinten, dass es dort unglaublich nach Verwesung stinkt, beruhigen: Wir ham nix gerochen.

Nachdem wir uns auf der oberen Ebene alles angeschaut und fotografiert haben, begeben wir uns eine Etage tiefer: Durch einen engen Schacht klettern wir eine Leiter hinunter, nach einem kleinen Vorsprung (Position des Fotos unten) geht es eine weitere, kürzere Leiter hinunter und wir finden uns in einer Art Kanal wieder.


Wenig Sauerstoff im Kanal der Schlackebahn

Der Kanal

Geht man den Kanal entlang, biegt kurz ab und geht noch ein ganzes Stück weiter geradeaus, kommt man zu einer Leiter, welche wieder ein Stück nach oben führt. Dort befindet sich die „zweite Ebene“ der Schlackebahn.

Underground Exploration: Abstieg eine Ebene tiefer
Underground Exploration: Abstieg eine Ebene tiefer
Wenig Sauerstoff: Der Kanal unter der Schlackebahn
Wenig Sauerstoff: Der Kanal unter der Schlackebahn

Das Problem: Die Luft unten im Kanal, und vor allem im hinteren Teil der Schlackenbahn, ist alles andere als gut. Nicht nur warm und feucht – wie in der gesamten Anlage – sondern auch sauerstoffarm. Normal sind in der Luft gut 21 Prozent Sauerstoff enthalten – hier unten sind es nur knapp 19 Prozent. An sich nicht lebensbedrohlich, aber da man ohne Messgerät nicht wissen kann, welches Gas den Sauerstoff verdrängt, kann es eben doch böse enden...

Zitat eines Bekannten, der auch schon hier war: Ich habe angefangen zu schwitzen wie in ner Sauna und Kreislauf bekommen, ebenso wie mein Kollege und wir sind beide nicht ganz unsportlich...

Wir machen dort unten ein paar Fotos und klettern wieder raus aus dem Kanal, zurück in die oberen Katakomben der Schlackebahn. Auch wenn man es auf dem Foto nicht wirklich sieht, der Kanal ist so niedrig, dass man nicht mal stehen kann.

Mein Kollege beim Urbexen
Mein Kollege beim Urbexen
Urban Exploration: Nie ohne Taschenlampe
Urban Exploration: Nie ohne Taschenlampe

Mittlerweile ist es nach 0 Uhr: Nun, nachdem wir gut zwei Stunden in diesem unterirdischen „Lost Place“ herumgekreucht sind und fotografiert haben, machen wir uns auf den Weg zurück nach oben. Zurück laufen, Abhang hochklettern, aus dem Eingangsloch zwängen. Luft.

Wie es weiter geht – Zweiter Teil der Schlackebahn Bochum

Heute ist nicht aller Tage! Wenn wir ein Gasmessgerät oder neue Infos zum Sauerstoffgehalt am Start haben, also sehr bald, fahren wir noch mal hin und schauen uns den Bereich nach dem Kanal an! Bericht und Fotos erscheinen dann natürlich wieder hier.

Neben weiteren Tunneln und alten Loren, welche noch heute rostig auf ihren Schienen schlummern, wartet sogar ein „Frohe Weihnachten“-Graffiti mit einer überaus interessanten, ja vielleicht sogar gefährlichen Geschichte, in einem Luftschutzstollen aus dem 2. Weltkrieg, auf euch. Es gibt wirklich viel zu entdecken in dieser Anlage.

Update: Wir haben inzwischen auch den zweiten Teil der Schlackebahn erkundet – einfach faszinierend, was man dort unten vorfinden kann! Ein Gasmessgerät war auch mit dabei. Fotos, Story und genauere Infos zur Luft dort unten erscheinen hier in Kürze. Lustig wird es ebenfalls. Möchtest du dann eine E-Mail erhalten, klicke einfach hier. Stay tuned!

Update 2: Der Artikel zum hinteren Teil der Schlackebahn ist nun erschienen!

Achja: Neben den Gleistunneln samt aller Nebenräume, Luftschutzbunker und weiterer Katakomben des ehemaligen Stahlwerks, soll es hier sogar Verbindungsstollen zur U-Bahn geben – so munkelt man zumindest; ich persönlich glaube aber nicht daran. Aber: Es gibt in der Halde noch ein anderes, komplettes Luftschutzstollensystem, von dem heute nur die Eingänge zu sehen sind – wenn man weiß wo.

Ich hoffe die Geschichte und die Fotos dieses „Lost Places“ im Herzen des Ruhrpotts haben Spaß gemacht. Falls du auch schon mal dort warst, mehr Informationen, Fotos, oder etwas zu verbessern hast: Schreib mir gern ein Kommentar. Ansonsten: Part 2 kommt bald!

Weiterhin viel Spaß beim Urbexen, liebe Freunde!

P.S.: Schlackenbahn, oder Schlackebahn?

Erscheinungsdatum
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5 Kommentare

KommentareMöchtest Du auch einen schreiben?
  1. Kai FellerKai Feller |

    Hey, wollte mal fragen ob du den tollen Standort preis gibs. Ein Kollege und ich wollten evtl. auch hin um Privat Fotos zumachen und ein Video zu Drehen der ans Land Nrw weitergeleitet wird (haben das schon mal sowas gemacht damit sowas erhalten bleibt). Also sind nicht die 08/15 Leute die Randalieren wollen sondern auch Interesse Zeigen. Kannst mich gerne auch per Mail antworten freue mich drauf :)

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Kai,

      also hier so offen kann ich die Adresse leider eh nicht schreiben.

      Aber ich bin mir auch ehrlich gesagt nicht so sicher, ob es so gut wäre, dem Land NRW ein Video dieses Lost Places zu schicken. Solche Orte "leben" ja eigentlich davon, dass sie nicht beim Bauamt auf dem Tisch liegen und weitgehend unbekannt sind.

      Klar, wir können uns auch gerne mal per Mail oder Facebook unterhalten!

      Ansonsten wünsch ich euch auf jeden Fall viel Erfolg bei eurem Film!

      Viele Grüße,
      Finn

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    2. Lost PlacerLost Placer |

      Hättest du eine Adresse per privat E-Mail ? Mit freundlichen Grüßen

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  2. Lostplacer 13Lostplacer 13 |

    Hallo, bräuchte die Adresse per E-Mail von jemanden!:) wäre sehr lieb Mit freundlichen Grüßen

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo,

      also ich hab kein Problem damit, mal die ein oder andere Adresse von nem Lost Place zu tauschen, aber die Schlackebahn gebe ich nicht raus.

      Ich will einfach nicht, dass da unten jemandem, der den Eingang von mir kennt, was passiert und ich dann einen auf den Deckel bekomme. Hoffe,das kannst du verstehen. Ist halt was anderes, als durch irgendeine leer Werkshalle zu spazieren.

      Viele Grüße,
      Finn

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  3. LaurinLaurin |

    Hallo an alle!
    Falls sich jemand näher für diese Anlage interessiert: Die Feuerwehr Bochum hatte dort vor kurzem einen Einsatz, hierbei berichteten Kinder davon, dass sie in die Anlage eingestiegen seien und dass eines der Kinder in einen Schacht gestürzt sein soll. Daraufhin startete die Feuerwehr einen Großeinsatz, und einige Feuerwehrleute betraten gemeinsam mit ortskundigen Experten die Anlage. Die Suche wurde nach ein paar Stunden ergebnislos eingestellt.
    Das Interessante hierbei ist: Der gesamte Einsatz wurde von einem WDR-Team im Rahmen der Fernsehsendung „Feuer und Flamme“ dokumentiert und ist auf YouTube und in der ARD-Mediathek zu sehen.

    1. Finn (SagtMirNix)Finn (SagtMirNix) |

      Hallo Laurin! :-)

      Danke für den Hinweis, ich hatte die Folge vor kurzem tatsächlich ebenfalls gesehen - sehr spannend!

      Auch wenn man ein wenig gemerkt hat, dass die Damen und Herren hier und da evtl. ein klitzekleines Bisschen überdramatisiert hatten (von wegen dutzende Kilometer lange Tunnel über Städtegrenzen hinweg o.ä.). Dennoch sehr sehenswert!

      Und auch ein guten Beispiel dafür, warum es besser ist, eben keine direkten Adressen ins Internet zu schreiben.

      Viele Grüße und Danke für deinen Kommentar! :-)

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